Spezielle Soziologie: ›Kindheitssoziologie‹
Die Kindheitssoziologie oder Soziologie der Kindheit kann grob gefasst in zwei Strömungen unterteilt werden. Die eine hat sich aus der Jugendsoziologie entwickelt und einer stark ethnographischen Annäherung an gesellschaftlichen Alltag. Sie konzentriert sich auf die Art, wie Kinder sich in der Gesellschaft orientieren, auf ihre kulturellen Leistungen, auf die sozialen Welten, die sie konstruieren und an denen sie teilhaben. Das entscheidende Stichwort heißt hier „Kinder als soziale Akteure“. Kinder sollen immer schon als Mitglieder der Gesellschaft verstanden werden und nicht als erst zukünftige und werdende Mitglieder, wie dies (so der Tenor kindheitssoziologischer Kritik) in den Perspektiven der Sozialisationsforschung und Entwicklungspsychologie in den vorangegangenen Dekaden zu ausschließlich geschehen sei. Im Zentrum der zweiten Strömung stehen sozialstrukturelle und gesellschaftstheoretische Fragen nach sozialer Gerechtigkeit und sozialer Ordnung in einer Gesellschaft, die ihre Mitglieder nach Alterszugehörigkeit einteilt und in verschiedenster Hinsicht (Rechte, Pflichten, ökonomische Teilhabe, zugeschriebene Bedürfnisse etc.) klar unterscheidet. Diese Fragen werden gebündelt unter dem leitenden Konzept der „generationalen Ordnung“. Damit ist angesprochen, dass die Kategorisierung der Gesellschaftsmitglieder nach Alter nicht etwa unverdächtiges Abbild natürlicher Unterschiede, vielmehr eine gesellschaftliche Konstruktion einer solchen „natürlichen“ Wahrheit ist und als solche ein relevanter Bestandteil gesellschaftlicher Ordnung. Daran fügt sich die Einsicht, dass diese quasi-natürlich begründete Ungleichheit mit anderen Dimensionen sozialer Ungleichheit fundamental verknüpft ist. Sozialer Wandel, ökonomische Veränderungen, sozialpolitische Maßnahmen werden zu zentralen Untersuchungsgegenständen der Kindheitssoziologie. Die Analyse dieser Gegenstände hat für die Beachtung der generationalen Dimension sensitiviert.
Folgende Angebote gibt es in diesem Bereich: